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Was wir glauben, wer wir sind

Vom Mut, sich neu zu denken - Geschichten aus der Psychotherapie

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Was wir glauben, wer wir sind
Nesibe Özdemir
Verlag
Beltz
ISBN-Nummer
978-3-407-86756-8

Glaubenssätze bestimmen das Leben eines Menschen, behauptet die Psychotherapeutin Nesibe Özdemir. Allerdings geht es hier weniger um religiösen Glaubenssätze, sondern um die unbewussten inneren Überschriften, nach denen wir leben. Ihr fiel auf, dass Coaches ihren Klienten empfehlen, positive Glaubenssätze zu formulieren: „Du bist schön“, „Du schaffst das“, "Liebe dich selbst!". Im Prinzip eine gute Sache, nur verfangen diese Sätze nicht. Warum? Nesibe Özdemir antwortet, weil jeder bereits unbewusst eine Prägung – einen Glaubenssatz - in sich trägt. In ihre Praxis kommen Menschen, die unter ihrem Glaubenssatz leiden. Sie handeln danach, ohne zu erkennen, welchen Einfluss er auf sie hat. Meist stecken dahinter Kindheitserfahrungen, Weichenstellungen, die sie als Erwachsene bestimmen. Etwa die Geschichte, des erfolgreichen Juristen, der kurz vor dem Burn-Out steht, weil er sich selbst nicht wertschätzen kann. Oder die Frau, die behauptet, gerne alleine zu sein, aber tatsächlich an ihrer Einsamkeit verzweifelt. Anhand jeder dieser Geschichten erläutert die Autorin, was Glaubenssätze bewirken, wo sie ihren Ursprung haben und warum es einem Du-schaffst-das-Mantren Parolen eher schwer als leichter machen. Erst wenn wir unsere persönlichen Glaubenssätze verstehen, können wir mit ihnen umgehen. Warum sollte jemand mit AD/HS dieses Buch lesen? Weil die allermeisten Betroffenen von negativen Glaubenssätzen bestimmt werden. "Ich bin dumm", "Ich verbock's sowieso" usw. Diese Sätze sind nicht einfach falsch. Es geht in Ozdemirs Buch nicht um den Wahrheitsgehalt von Glaubenssätzen. Menschen mit und ohne ADHS haben tatsächlich einmal tiefe und schmerzliche Erfahrungen von Entwertung, Scheitern, Einsamkeit und Isolation gemacht. Aber treffen diese Erfahrungen immer noch in der Weise zu, wie zu dem Zeitpunkt, da man sie gemacht hat? Wie formen bzw. verformen diese Sätze das aktuelle Leben eines Menschen? Und reicht es, einfach einem negativen Glaubenssatz einen positiven entgegenzuhalten? Es geht um den Wirklichkeitsgehalt dieser Sätze. Und der muss überprüft werden. Übrigens auch der Glaubenssatz “Ich kann ja nicht anders, ich habe ja AD/HS.” Das Buch ist spannend wie ein Krimi zu lesen und erweitert den Horizont um die eigenen Glaubenssätze immens.

Uwe Metz