Für Eltern, Pädagogen und Therapeuten

Jesper Juul

Nein aus Liebe

Klare Eltern – starke Kinder

Verlag Kösel, ISBN: 978-3-466-30776-0, 2009

125 Seiten, 12,95 €

Der Titel hatte mich neugierig gemacht. Da ich mich oft ertappe, dass ich nicht „Nein“ sagen kann, fühlte ich mich angesprochen. Das Buch teilt sich in 3 Kapitel:

  1. Die Kunst, Nein zu seinen Kindern zu sagen
  2. Wann ist Nein die richtige Antwort?
  3. Lernen, mit gutem Gewissen Nein zu sagen

In den letzten 15 Jahren wurde die Erziehungsdebatte sehr stark vom „Setzen von Grenzen“ dominiert. Dadurch konnte man den Eindruck gewinnen, dies sei der Dreh- und Angelpunkt im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Außerdem gibt es ja noch die „Super-Nanny“ und Verhaltenspsychologen. Diese wollen uns weismachen, jede noch so chaotische Familie binnen weniger Tage in einen Hort der Ruhe und Harmonie verwandeln zu können. Leider dauert es im realen Leben etwas länger, um dieses Ziel zu erreichen. Der Autor, ein erfahrener Familientherapeut, möchte Eltern dabei unterstützen, die Qualität der nahen Beziehungen zu fördern. Außerdem müssen wir zu uns selbst ein „Ja“ haben, um „Nein“ sagen zu können. Wir sollten lernen uns abzugrenzen. All dies mit guten Gewissen und in dem Bewusstsein, dass wir unseren Kindern damit gute Vorbilder sind. Wie klappt das, ohne jemanden zu kränken oder zu verletzen?

„Darf ich heute länger aufbleiben?“ „Dafür bist du noch zu klein … außerdem bist du so müde.“ Solche Antworten sind in Familien häufig zu hören. Doch was sollen sie eigentlich bedeuten? Ja? Nein? Oder vielleicht? Manche Eltern trauen sich kaum „Ich will …“ oder „Nein“ zu sagen. Sie betrachten es als unhöflich und anmaßend, sich so unmissverständlich zu äußern. Oder sie möchten beliebt sein. Aber je beliebter sie sein wollen, desto eher riskieren sie, von anderen missachtet und ausgenutzt zu werden. Es sind nicht nur diese beiden Ursachen aufgeführt, warum wir dazu neigen, uns halbherzig, indirekt, korrupt oder defensiv zu verhalten. Wichtig ist, sie zu erkennen, um klar, persönlich und selbstsicher auftreten zu können. Ich darf keine Kompromisse mit mir selbst eingehen, sondern muss bewusst zu meinem Nein stehen. Ich finde Hinweise, wie man mit allen Altersgruppen von Kindern, vom Säugling bis Teenie, umgehen kann. Auch ungeschickte Formulierungen in den Fallbeispielen werden erläutert. Wenn ich z. B. einen Konflikt habe, sollte ich nicht über den anderen, sondern über die eigenen Gefühle und Gedanken reden. Dadurch kann man nicht kränken oder verletzen.

Dieses Buch lässt sich gut lesen und ist sehr verständlich. Das Wichtigste ist auf den Punkt gebracht. Es werden alle Aspekte behandelt, die mit dem Thema „Neinsagen“ verbunden sind. Sicherlich ist manches schon bekannt, aber es schadet nicht, daran wieder erinnert zu werden. Ich denke, es ist auch ein gutes Buch für selbst betroffene Eltern mit ADS. Diese bringen mitunter nicht die Konsequenz auf, so zu handeln, wie sie es sich wünschen. Sie stehen unter enormen Druck, das Richtige für ihre Kinder zu tun. Es geht hier jedoch gar nicht so sehr um die Konsequenz, sondern zu lernen, nicht zu allem Ja zu sagen. Auch die vielen Erklärungen zeigen den Weg zu einem besseren Verhältnis mit dem Kind. Sicherlich kann es hier nur um Kinder mit einem leichten ADS gehen, aber von ADS handelt das Buch auch nicht.

Mich hat das Buch sehr entlastet. Es unterscheidet sich wohltuend von so manchem Erziehungsratgeber für Kinder (mit ADS). Ich denke, wir müssen, wenn wir es noch nicht können, zuerst einmal lernen: „Nein“ zu sagen aus Liebe.

Elke Klug

aus neue AKZENTE 81/2009

 

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